Donnerstag, 30. Januar 2014

Hilfe, ich werde 40! Mit 40 hast du gelernt deine Pfunde zu lieben.

Ich liebe das 40-Werden.

Es ist großartig.

Noch großartiger wird es, wenn ich länger darüber nachdenke, was sich in mir so alles verändert hat.

Ja, es gibt auch ein paar äußere Veränderungen aber nichts, was man nicht mit Kosmetik und ein paar speziellen Posen auf Fotos behandeln könnte.

Wie ich schon schrieb, kennt man nun endlich den Unterschied zwischen Realität und Theorie.

Eine Diät zu machen ist eine theoretische Sache und genau so sinnvoll und wirksam wie einem Mann erklären zu wollen, wie sich Geburtswehen anfühlen.

Das ist mir nun endlich klar geworden, und zwar, als ich meinen Kleiderschrank ausmistete. Die Sachen aus den 80ern, den 90er und der frühen Neuzeit.

Ja, ich bin eine Sammlerin und Aufbewahrerin. Ich liebe es. Manches werde ich ganz sicher nie wieder anziehen.
Das weiß ich, aber ich hänge dran, wie andere an ihrem Brautkleid. Das habe ich übrigens nicht aufbewahrt. Weder das von der Ersten noch das von der Zweiten komisch nicht?
Es ist nur die Erinnerung an einen Tag. Meine übrige Garderobe erzählt Geschichten von vielen Tagen.  

Ich habe trotzdem mal ausgemistet. Ich brauchte Platz für neue Geschichten. Bei manchen mag das so klingen: 
„Da passe ich heutzutage gar nicht mehr rein.“

Das kann ich nicht sagen. Bei mir war es im Grunde immer gleich.

Ich trug die meiste Zeit meines Lebens eine 42. Verrückt oder???

Klar ist auch mal ein Kleidchen in einer 36 dabei. Das hatte ich an, nachdem ich mich drei Monate wie eine Irre runtergehungert hatte. Für ein spezielles Event und nun kann man sich die Fotos von mir in dem schlanken Kleid nicht mal ansehen und warum? 

Weil ich Augenringe und stumpfes Haar hatte und fürchterlich krank aussah.

Nachdem der vierte Betrachter dieses Fotos meinte: „Oh da hast du dich aber schwer krank zum Event geschleppt. Respekt!“, habe ich es aus meiner Fotokiste entfernt.

Ich habe also mit fast 40 endlich festgestellt: 

Ich trug immer eine 42 – bis auf wenige Ausnahmen.

Die Praxis scheint dann ja wohl wohl folgende zu sein:

Du kannst machen, was du willst. Wenn deine Genetik eine 42 für dich vorgesehen hat, dann bleibt es dabei. 

Es sei denn, du hast Zeit und liebst es, dich selbst zu quälen. Dann kannst du nämlich jeden Tag ins Fitnessstudio rennen und dich bei 800 Kalorien täglich ernähren und so deine 36 halten.

Ich habe dazu weder die Zeit noch die Lust. Offenbar seit Jahren. Denn selbst mein Kleid, welches ich zum 30. trug, ist eine 42.

Neu in der 40er-Version ist daran: Ich liebe es. Ich mag meinen Körper jetzt. 

Ich kneife ihn jetzt nicht mehr und ziehe ihm das Fell lang, um dem Spiegel zu beweisen, dass ich nicht vollkommen bin.

Ich disse mich jetzt auch nicht mehr vor dem Spiegel und mache abfällige Bemerkungen. Ich bin mir selbst mehr Freundin geworden. 

Einer Freundin würde man solch verletzende Dinge, wie:
„Du schlaffe, fette Molle“ niemals sagen.

Ich habe mich nicht nur damit abgefunden, auf kein Titelbild eines Hochglanzmagazins zu passen. Nein, ich finde es sogar gut. 

Ich habe ja eh die Theorie, dass die Models nur deshalb alle so dürr sind, damit sie vorne auf den Titel passen und nebendran noch genug Platz ist für die Themen und damit die Designer für ihre Ausstellungstücke weniger Stoff brauchen.

Wenn einer mich nicht gut findet, dann ist es sein Problem und was das Hochglanzmagazin angeht, dann nehme ich halt die zwei Seiten im Mittelteil. Da ist Platz für mich in voller Größe und eine kleine Kolumne.

Kann mir aber jetzt bitte mal jemand erklären, warum ich mich all die Jahre so blöde angestellt habe? Wertvolle Lebenszeit damit vergeudete, mich mit Nahrungsentzug zu bestrafen?

Mir irgendwelche widerlichen Pülverchen anzumixen und diese auch noch zu konsumieren? 
Bestialische Kapseln zu schlucken, die Schwämme beinhalten und sich im Magen aufspannen, damit man keinen Hunger mehr hat oder 10 Liter Kohlsuppe in einer Woche zu vertilgen und weitere zwei Wochen nicht vor die Türe zu können, weil man neben den Heißhungerattacken, die sich automatisch anschließen, auch noch unter Flatulenz leidet?

Wofür der ganze Mist? Wenn ich offensichtlich immer eine 42 trug?

Aber jetzt mit 40 wird das alles anders. 
Ich habe den Diäten „Ade“ gesagt. 
So etwas tue ich mir nicht mehr an, solange nicht irgendein Arzt der Meinung ist, mein Körper leidet unter mir.

Ich genieße mein Dasein, und zwar in vollen Zügen. Mit allen Kurven und bin mir selbst mehr als genug. Klar gehe ich zum Sport aber nur, damit ich fit genug bin, alle denen in den Hintern zu treten, die glauben, mich in eine Schublade oder in eine 36 drängen zu können.

Wenn ich etwas jetzt, kurz vor der 40 bereue, dann die Kleider, die ich nicht gekauft habe, weil ich erst abnehmen wollte und die schönsten Buffets, die ich nicht angerührt habe, weil ich mal wieder nur 1200 Kalorien am Tag oder wahlweise 20 Punkte zur Verfügung hatte.

Wie dusselig, sich wegen einer Theorie, die Praxis zu versauen. 

Egal was ihr in eurem Leben macht oder wie alt ihr seid– macht auf keinen Fall das Gleiche.

Lernt von einer weisen Frau mit fast 40.

Eure

Michaela Röder


(Buchautorin, Beziehungscoach, 39, verliebt ist ins Frausein und zum Glück senil genug, dass sie schon vergessen hat, was Kalorien noch mal waren … ach ja, die kleinen Biester, die nachts die Kleider enger nähen.)

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